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BMW S 1000 RR – Vorsicht: Echte Racegefühle

Die BMW S 1000 RR gehört zu den stärksten Supersportbikes der Welt, die sich vor allem technologisch und optisch von ihren Mitkonkurrenten abhebt. Mit ihrer sagenhaften Power und ihrer Sicherheitstechnologie lockt sie den Fahrer ans Limit und vermittelt echte Racegefühle.

Bereits der Anblick eines Supersportbikes im Alltagsverkehr treibt den Herzschlag in die Höhe, besonders wenn der Fahrer noch am Gashahn dreht und ein kräftiges Wummen dem Motor entlockt. Da steigt die Aufregung wie an einem Grandprix. Ein Supersportbike spricht den Raceinstinkt, ja den Jagdinstinkt des Mannes an, berauscht mit dem Gefühl, schier grenzenlose Kraft und Geschwindigkeit bändigen und erleben zu dürfen, zum Kreis der Sieger (des Rennens) zu gehören und die Anerkennung der Welt auf sicher zu haben. Umso wichtiger ist es für Biker zu wissen, welche Maschine den Sieg auch tatsächlich einfahren kann, aber auch auf welche Akzeptanz die “Auserwählte” bei den Freunden und der Umwelt stösst.

Während Generationen haben insbesondere die japanischen Hersteller das Segment der Supersportler beherrscht sowie die Resultate an den internationalen Strassenrennen. Doch seit einiger Zeit mischen auch die Europäer vorne mit, insbesondere der deutsche Hersteller BMW zeigt bei den Superbikes, was Sache ist und gehört zu den führenden Marken in diesem Segment insbesondere mit seiner S 1000 RR. Was die BMW S 1000 RR im Alltag für einen Biker zu bieten hat, wollte ich deshalb bei einem Test erfahren.

Jagdbomberlook: spitz und zielgerichtet
Auf den ersten Anblick wirkt sie neben den grösseren Tourenmaschinen beinahe klein und handlich, obwohl man mit einer Sattelhöhe von 82 cm bereits sehr hoch sitzt, geschaffen für Biker zwischen 175 und 185 cm Körpergrösse. Die „Schnauze“ ist spitz wie ein Pfeil, die asymme-trischen Frontlichter schaffen einen geradezu futuristischen Look. Insgesamt ein sehr eigenes, modernes Styling. Insbesondere in der Farbe „Granitgrau metallic matt“ wirkt die BMW S 1000 RR optisch wie ein Jagdbomber auf zwei Rädern: spitz, zielgerichtet, superdynamisch, stylish. Das hochgezogene Heck mit dem ultramodern designten LED-Rücklicht unterstreicht die moderne Raceoptik. Es fällt nicht gleich auf Anhieb auf, doch auch die Seitenver- kleidung ist asymmetrisch designt: auf der rechten Seite finden sich Öffnungen im „Haifisch-Kiemen“-Design und auf der linken Seite eine einzig vergrösserte Austrittsöffnung. Das Teil ist optisch also von A-Z bis ins kleinste Detail durchdacht. Vier verschiedene Farbkonzepte (rot/ weiss, grau, schwarz und blau/weiss/rot) sollen den unterschiedlichen Geschmäckern Rechnung tragen. Und die verbauten Teile sind so angebracht, dass die S 1000 RR sehr rasch für die Rennstrecke umgebaut werden kann: Kennzeichenhalter, Blinker, Soziusfussrasten und Rückspiegel sind flugs abgeschraubt und entfernt.

Der Auspuff an der rechten Seite wirkt dafür fast ein bisschen mickrig, doch hier gilt: „Nicht die Grösse macht’s“. Die mit modernsten Katalysatoren ausgestattete Abgasanlage aus Edelstahl trägt mit anderen Komponenten zusammen zu einer besseren Leistung, einem homogeneren Drehmomentsverlauf und einer deutlich verbesserten Durchzugskraft der Maschine bei.
Satt wirkt dafür umso mehr die mächtige Hinterradschwinge: sie bewirkt zusammen mit der Federung und dem übrigen Fahrwerk in allen Lagen massive Fahrstabilität und Laufruhe, der verkürzte Radstand (im Vergleich mit dem Modell 2011) sorgt für mehr Agilität. Vorne sorgt die USD-Gabel für die harmonische Fahrwerksabstimmung mit dem Hinterteil, an dessen Ende eine mächtige Doppelscheiben-Brembo-Bremse hängt, welche die Maschine effektiv und massiv verzögert. An Qualität wird bei der BMW einfach nicht gespart.

Technologie vom Feinsten
Ungewöhnlich für manchen Fahrer wird das technologische Angebot sein, das er beim Aufsitzen vorfindet. Auf der linken Lenkerseite findet sich ein Knopf für zuschaltbares ABS und DTC (Traktionskontrolle, DTC = Dynamic Traction Control) und auf der rechten Lenkerseite der Knopf „Mode“, womit man zwischen drei Fahrmodi wählen kann. Zumindest in meinem Testmodell konnte ich zwischen „Rain“ (Regen), „Sport“ (Sport) und „Race“ (Rennen) wählen. Dabei konnte man deutlich den Unterschied bei der Zugskraft spüren und die Leistungsunterschiede auf dem Tourenzähler feststellen. Gemäss BMW stehen im „Rain“-Modus 163 PS zur Verfügung und in den Modi „Sport“ und „Race“ jeweils 193 PS. Nach Katalog sollte es noch einen zusätzlichen Modus namens „Slick“ für die Rennstrecke geben, der fehlte bei meinem Testbike. Die Traktionskontrolle greift bei jedem Modus anders ein und behindert die Beschleunigung ab einem bestimmten Schräglagenwinkel und bzw. oder wenn das Vorderrad abhebt (Wheelie). Im Abschnitt „Kurvenfahren mit Sicherheitstechnologie“ will ich noch genauer darauf eingehen. Diese Technologie erhöht die Sicherheit des Fahrers massgeblich. Ein dickes Lob dafür an die Adresse von BMW. So etwas bietet nicht jede Supersportmaschine.

Instrumenten hochfunktionell bis unpraktisch
Das Instrumentenboard ist typisch BMW und analog zum übrigen Design asymmetrisch konzipiert, es spricht optisch nicht wirklich an, aber insbesondere die digitale Anzeige sagte mir in jedem Moment exakt auf den einzelnen Kilometer, wie schnell ich unterwegs bin und in welchem Gang ich mich gerade befinde. Ich muss also beim Schalten nicht mehr mitzählen, welchen Gang ich jeweils einlege: Das ist stark, denn das heisst, besonders leicht und schnell die Kontrolle zu haben. Das ist hohe Funktionalität à la BMW. Dafür fehlt mir eine Tankrestanzeige, die ist im Alltag einfach wichtig. Auch die Betätigung der Blinker könnte etwas mehr Spiel vertragen und das Horn unter dem linken Handgriff ist nicht leicht zu finden, unpraktisch und insbesondere im Notfall nicht gut greifbar, da ist dem Designer wohl der Platz ausgegangen, da wird man sich als Käufer üben müssen. Insgesamt hat man aber auf den ersten Blick eine Maschine vor sich, die viel zu bieten hat, mehr als viele andere. Ob es eine Griffheizung braucht, na ja, ich brauche sie sicherlich nicht. Während der Fahrt blitzte bei mir regelmässig eine fingerkuppengrosse Leuchte neben der Tourenanzeige, die übrigens noch etwas leserlicher sein dürfte, auf. Dieser “Schaltblitz”, wie BMW die Anzeige getauft hat, weist auf das Erreichen der Maximaldrehzahl hin, weshalb der Fahrer dann schalten solle. Kann nützlich sein, kann nerven. Darüber hinaus findet sich die Möglichkeit, Daten über die Rundenzeit auf der Rennstrecke oder über einen Trip zu erhalten, Elektronik ist ausreichend vorhanden. Ich habe es auf meiner Testfahrt jedoch nie eingesetzt oder ausprobiert.

Echte Racegefühle kommen auf
Allein schon anhand der Daten kann einem Sportsfreund das Wasser im Mund zusammen laufen: 193 PS bei 13‘000 Umdrehungen sind mehr als ordentlich. Aber wir müssen ehrlich sein, 90-95% der normalen Biker fahren mit solch einem Geschoss ausschliesslich oder hauptsächlich im Berufsverkehr, wo wir in der Schweiz mit Maximaltempi von 30 bis 120 km/h leben müssen. Das ist alles andere als Race. Können im Alltag also Racegefühle aufkommen? Ja, es kann. Und Gott sei Dank, es gibt noch Deutschland mit unbeschränktem Speedlimit auf Autobahnen. Wer den Anlasser drückt, lernt gleich mal die Motorenkultur von BMW im Sportbereich kennen. Der Motor der S 1000 RR „brodelt“ kräftig und vermittelt gleich vorweg ein Racegefühl. Dieses kräftige brodelnde Motorengeräusch törnt jeden Speedfreund an. Eine leichte Drehung am Gasgriff genügt und er zieht gleich stark an. „Typisch 1000er“ denke ich mir, kein Durchzugsloch in den unteren Tourenbereichen, wie man es von kleineren Maschinen mit geringerem Hubraum kennt. Dabei ist es egal, ob man sich im „Rain“-Modus befindet oder im „Race“-Modus, den ich im Übrigen auch bei der Fahrt mit dem Drücken der „Mode“-Taste wechseln konnte (gemäss BMW Modus wechseln: Warten oder Kupplung ziehen und 20-30 Sekunden warten). Der Durchzug ist bei allen Modi stark, beim einen weniger, beim anderen mehr. Im Stadtverkehr ist so eine Maschine unbefriedigend, sie hat zu viel Power. Über Land, auf Passstrassen und auf Autobahnen – einmal abgesehenen von Rennstrecken – kann man die Power des Bikes eher ausleben und findet hie und da auch die Gelegenheit, ans Tourenlimit zu gehen. Übrigens, wer an die Drehzahlgrenze gelangt, wird positiv von der Reaktion der S 1000 RR überrascht sein, das quittiert der Renner mit einem relativ geringen Stottern, das nicht wirklich stört. Andere Bikes rumpeln in solch einer Situation gerne stärker herum und das nervt, das hat BMW wirklich bravourös gelöst. Die Kraft, die sich ab ca. 5-7000 Touren entwickelt, fühlt sich an, als würde man durchs Kanonenrohr geschossen, brachial. Sicher beeinflusst auch das kräftige Dröhnen die eigene Wahrnehmung. Man fühlt sich nicht nur wie an einem Grandprix, sondern man erlebt die eigene Geschwindigkeit durch den Sound auch als schneller als sie real vielleicht ist. Berauschend an dem Bike ist seine Urkraft: Wer beispielsweise auf der Autobahn mit 140 – 160 km/h unterwegs ist, hat noch sehr viel Luft nach oben, einmal am Gashahn drehen, und sie zischt davon, genial. Schliesslich ist das Bike dafür gemacht, an die 300 km/h-Grenze zu stossen und zwar von Hause auf ohne Tuning. Da staunt der Porschefahrer, der hat keine Chance. Und gerade bei oberen Tempi stellt sich auch ein Racefeeling ein, nicht nur weil der digitale Tacho das hohe Tempo anzeigt oder der Motor weltmeisterlich dröhnt, sondern vor allem weil das Bike zu jedem Zeitpunkt absolute Fahrstabilität und Ruhe aufweist, das vermittelt einem als Fahrer ein sehr wichtiges Sicherheitsgefühl. Die Folge: Man traut sich mehr, man will mehr, man will die Grenzen des Bikes ausloten und die scheinen bei der S 1000 RR schier unendlich.

Kurvenfahren mit Sicherheitstechnologie
Kurvenfahren will gelernt sein, insbesondere mit einem sportlichen Bike im Alltag über Pässe oder über Land. Das Plus der S 1000 RR ist zum einen die sagenhafte Kraft und die Beschleunigung aus den Kurven heraus, abgesehen davon, dass das Kurvenfahren vor allem vom Vermögen des jeweiligen Fahrers abhängt und natürlich auch von der Verkehrslage. Zum anderen aber stehen dem Fahrer nützliche elektronische Helfer zur Seite, sodass selbst Hobbypiloten deutlich schneller um die Kurven kommen, als vielleicht gewohnt. Die elektronisch gesteuerte Traktionskontrolle (DTC) macht sich hier bemerkbar: Je nach Fahrmodus beendet sie die Beschleunigung des Bikes, sobald eine gewisse Schräglage erreicht ist: im „Rain“-Modus ab 38 Grad, im „Sport“-Modus ab 45 Grad, im „Race“-Modus ab 48 Grad und im „Slick“-Modus ab 53 Grad. Zudem ist ausser im „Slick“-Modus unter 20 Grad eine Anti-Wheelie-Funktion eingeschaltet. Zusammen mit dem Race-ABS, das ebenfalls unterschiedlich bei den Fahrmodi agiert, bietet die S 1000 RR eine erhöhte Sicherheit in den Kurven. Die BMW ermöglicht dem Fahrer damit sehr, ans sein eigenes Limit zu gehen.

Nach einem berauschenden Ausritt mit hohen Tempi fühlt es sich bei der Heimkehr durch die Stadt an, als sei man gerade von einem Rennen zurückgekommen. Das Adrenalin schiesst noch immer durch den Körper, die Sinne sind hellwach, wenngleich man auch etwas müder, aber befriedigt ist, und ein kurzes Aufdrehen des Gashahnes signalisiert den anderen Verkehrsteilnehmern, „ich habe mehr Dampf als ihr, ich bin der Chef im Ring, nur damit ihr es wisst.“

Insgesamt hat BMW mit der S 1000 RR ein technologisches Spitzenrennbike mit einem sehr speziellen Look abgeliefert, das sich sehr gut ins japanische Konkurrenzumfeld einreiht, dem einen oder anderen Mitbewerber sogar zeigt, wie es in punkto Rennsport-Technologie geht und den Fahrer mit seinen Sicherheits-Features nützlich unterstützt. Ob Optik und Sound gefallen, ist sehr individuell, genauso, ob man sich für die Marke BMW als Racebikehersteller erwärmen kann. Das Bike überzeugt fahrerisch jedoch in jeder Wetter- und Kurvenlage, ob es gefällt, ist Geschmacksache. Eine Testfahrt kann mehr Aufschluss bringen, dabei kann man als Biker nur gewinnen. Vorsicht: Es können echte Racegefühle aufkommen.

TECHNISCHE DATEN
MOTOR
Typ
Wasser-/ölgekühlter 4-Zylinder-Viertakt-Reihenmotor, 4 Titanventile/Zylinder
Hubraum
999 ccm
Kompression
13 : 1
Nennleistung
142 kW/193 PS bei 13’000 U/Min
Max. Drehmoment
112 Nm bei 9’750 U/Min
KRAFTSTOFF
Gemischaufbereitung
Elektronische Einspritzung
Tankinhalt
17,5 l , davon 4 l Reserve
Verbrauch
5.7-5.9 l / 100 km
KRAFTÜBERTRAGUNG
Kupplung
Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Anti Hopping Kupplung, mechanisch betätigt
Getriebe
Klauengeschaltetes 6-Gang-Getriebe mit Geradverzahnung
Endantrieb
Kette
RAHMEN, FAHRWERK
Rahmen
Aluminiumverbund-Brückenrahmen
Masse
2056 mm x 826 mm x 1138 mm
Radstand
1422.7 mm
Wendekreis
4,1 m
Sitzhöhe
820 mm
Gewicht
202 kg
Zuladung
203 kg
BREMSEN, RÄDER
Räder vorne
Aluminium-Gussräder, Felgenmass: 3.5×7”
Räder hinten
Aluminium-Gussräder, Felgenmass: 6×17”
Reifen vorne
120/70 ZR 17
Reifen hinten
190/55 ZR 17
Bremsen vorne
320 mm-Doppelscheibenbremse mit 4-Kolben Festsattel
Bremsen hinten
220 mm-Einscheibenbremse, 1-Kolben-Schwimmsattel; ABS: BMW Motorrad Race-ABS mit 4 wählbaren Modi
PREIS
Preis
CHF 20’500.00

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