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Dakar Rallye 2013: Sie fasziniert noch immer

Die grösste Etappenrallye der Welt fasziniert noch immer. Einst von einem Biker ins Leben gerufen, hat sie Höhen und Tiefen hinter sich gebracht, mal begeistert sie, mal schreckt sie ab, doch von ihrer Faszination hat sie nichts eingebüsst. Sie ist wahrscheinlich noch das letzte grosse Abenteuer, das es für Biker gibt.

von Rolf Fleckenstein, Mac Huber

Als ehemaliger Ténéré-Fahrer habe ich den Hipe Mitte der 80er Jahre hautnah erlebt, als die Bekanntheit, Beliebtheit und Faszination dieses spektakulären Rennens durch die afrikanische Wüste aufkam. Gerade zur Blütezeit dieses Rennens waren die französischen Blätter voll von ausführlichen Storys mit grosszügigen Bildstrecken über die Rallye Paris-Dakar. Und doch dauerte es eine geraume Zeit, bis es soweit war. Man darf nicht vergessen, bevor diese Rallye populär wurde, gab es überhaupt noch keine „Wüstenmaschinen“. Enduros anfangs der 80er Jahre hatten, wenn es hochkam, 500 Kubik und einen kleinen Tank, das reichte ja auch für die üblichen Strecken und Anforderungen im europäischen, zivilisierten Umfeld. Doch die Franzosen, die als ehemalige Kolonialmacht sich auch in Afrika zu Hause fühlten, unternahmen schon früh abenteuerliche Reisen durch die Wüstengebiete Nordafrikas, damals noch mit selbstgebastelten Wüstenmaschinen mit eigens konzipierten Gepäcksystemen mit zusätzlich angeschraubten Tanks, es sah abenteuerlich aus. Man darf nicht vergessen, wer alleine und ohne Unterstützung in die Wüste fährt, muss vorbereitet sein, hier wartet nicht gleich um jede Ecke sprich Düne ein Tankwart oder eine Werkstätte, hier muss man alleine sehen, wie man zu Recht kommt, doch genau darin lag auch der Reiz, sich von der Zivilisation und ihren schier endlosen Sicherheiten zu lösen und auf eigene Faust und eigenes Risiko los zu tuckern und selbst zu schauen, ob und dass man heil wieder nach Hause kommt.

Die Idee zum grössten Rennen der Welt
Thierry Sabine schliesslisch war es, der selbst den Gefahren der Wüste zum Opfer fiel. Als damaliger Motorradrennfahrer organisierte er bereits Mitte der 70er Jahre verschiedene kleinere Rallyes durch die afrikanische Wüste, als er 1977 bei der Rallye Abidijan-Nizza mehrere Tage verschollen war und sich in der libyschen Wüste verirrte. Trotz oder gerade des schrecklichen Ereignisses und der unheimlichen Gefahren wegen, denen er ausgesetzt war, liess ihn die Faszination der Wüste nicht mehr los. Der Kampf Mann gegen Wüste prägte sein Leben. Gerne wird er zitiert mit seinem Ausspruch „if life gets boring, risk it“. Inspiriert von diesem Erlebnis gründete er die Rallye Paris-Dakar, die am 26. Dezember 1978 in Paris startete und am 14. Januar 1979 in Dakar endete. Ein Marathonrennen dieser Art hatte es bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gegeben und ist bis heute ungeschlagen, es ist bis heute die grösste Rallye der Welt. Diese ungewohnte Länge mit Tagesetappen von rund 800 km durch die Wüste stellten riesige Anforderungen an Mensch und Maschine. Viele private Fahrer ohne Werksunterstützung mussten bald kläglich scheitern, weil sie im Wüstensand stecken blieben, ihr Motorrad an einem versteckten Felsen aufschlugen oder einem Unfall zum Opfer fielen. Und selbst wenn sie die Etappen schafften, durften sie total erschöpft angekommen, noch Mechaniker spielen und das war auf die Länge von zwei-drei Wochen auch körperlich kaum oder gar nicht zu schaffen. Bald zeichnete sich ab, dass eine Begleit-Mannschaft nötig war, um die Nase im Rennen vorne zu haben, damit der Fahrer sich alleine auf die Fahrt konzentrieren konnte und nachts ein Mechaniker-Team mit mitgeführten Ersatzteilen und Zubehör die Maschine wieder auf Vordermann bringen konnte.

Eine neue Industrie erwachte
Das Rennen und seine steigende Popularität begannen, die Motorrad-Industrie wachzurütteln, und immer mehr Fahrer wurden von grossen Marken unterstützt. Das Rennen schob einen eigenen Markt an und so kamen im Zuge der Bekanntheit und Beliebtheit des Rennens neue Maschinen und ein neuer Motorradtyp im Sinne einer „wüstentauglichen Langstrecken-Enduro“ mit grossem Tank auf den Markt, die in Anlehnung an das weltweit beachtete Rennen auch über Eigenschaften verfügen sollte, die sich für einen Abenteuerritt durch die Wüste eignete. Die beliebteste und bekannteste Maschine Mitte der 80er Jahre war sicherlich die Yamaha XT 600 Ténéré. Bis heute sind diese Langstrecken-Enduros im Markt erhalten geblieben, auch wenn sie im Laufe der Zeit auf Alltagstauglichkeit in der Zivilisation modifiziert wurden.

Das Rennen ist neu, die Faszination bleibt
Heute wird das Rennen von einem Mega-Tross begleitet – die Zeltstadt ist grösser als ein Fussballfeld – und Helikopter, Mannschaftsfahrzeuge und, alles was dazu gehört, begleiten die Fahrer auf ihrem strapaziösen Weg durch die Wüste mit ihren Widrigkeiten, damit sie sicher ans Ziel gelangen. Doch trotz der Unterstützung hat das Rennen nichts an seiner Faszination eingebüsst, denn noch immer ist es das grösste und spektakulärste Rallye-Rennen der Welt. Selbst die Verlegung nach Südamerika hat ihrer Beliebtheit nicht schaden können, auch wenn sie in Europa heute weniger wahrgenommen wird als zu ihrer Blütezeit. Schuld daran war eine Terrordrohung, die sich gegen die Rallye Paris-Dakar Ende 2007 richtete und zu einem unerwarteten Abbruch einen Tag vor dem Rennen 2008 führte. Kurz zuvor waren vier französische Touristen und drei Soldaten umgebracht worden. Diesen Vorfall hatte die Veranstalterin veranlasst, die Rallye 2008 abzubrechen und einen neuen Standort für die Durchführung zu wählen, die sie seit 2009 in Südamerika fand und sich seither Rallye Dakar nennt und nicht mehr Paris-Dakar. Angesichts der stets angespannten Lage in Nordafrika ist mit einer baldigen Rückkehr der Rallye auf den afrikanischen Kontinent sicherlich nicht zu rechnen. Schade eigentlich drum, denn der alljährliche Start in Paris zum Neujahresbeginn war für Europa immer ein Highlight. Heute ist das Rennen eine Institution und längst ein weltweit beachteter und respektierter Event, der Sportgeschichte geschrieben hat.

Der Tod fährt mit
Trotz des Umzugs der Mehretappenprüfung von Afrika nach Südamerika im Jahr 2009, trotz klaren Richtlinien, limitierten Höchstgeschwindigkeiten und zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen wie dem Abstandwarnsystem, das dafür sorgt, dass sich die einzelnen Autos oder Motorräder nicht zu nahe kommen, sorgt die Dakar Rallye Jahr für Jahr für Tragödien. Der Sensemann ist ein zuverlässiger Beifahrer beim härtesten Wüstenrennen der Welt. Die Liste der Toten bei der Dakar Rallye wird jedes Jahr länger. Seit 1979 haben beim brutalen Wüstenrennen bereits 63 Menschen ihr Leben lassen müssen – vor allem Motorradfahrer, aber auch Zuschauer, Kinder, Helfer, Serviceleute, Journalisten. Mehr Todesopfer forderte in jener Zeit nur die Isle of Man Tourist Trophy, das gefährlichste und umstrittenste Motorradrennen der Welt, an dem die Teilnehmer mit Tempo 200 zwischen Häusern, Steinwänden und Böschungen ihr Leben riskieren. Von seiner Faszination und Anziehungskraft hat die Dakar Rallye deswegen allerdings nichts eingebüsst. Im Gegenteil: Noch nie kamen die Startenden aus so vielen verschiedenen Ländern (53) wie in diesem Jahr. Noch nie verfolgten so viele Fans die Fahrten, Freuden und Frustrationen der Piloten. Fünf Millionen sollen es allein entlang der Strecke gewesen sein, die von Lima (Peru) über beschwerliche 8‘424 Kilometer (für Bikes) nach Santiago de Chile führte. Rund eine Milliarde Leute fieberte vor den Bildschirmen mit. Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Dakar Rallye ist populärer denn je.

„Brutaler als jede Frau“
183 Motorräder, daneben 38 Quads, 75 Trucks und 153 Autos kämpften sich bei der 34. Austragung der Rallye südwärts durch Südamerika. Zweimal ging es dabei über die Anden und zum ersten Mal durch die Atacama, die trockenste Wüste der Welt, wo an gewissen Orten seit Jahrzehnten kein einziger Regentropfen mehr gefallen ist. „Die Strecke ist brutaler als jede Frau“, liess sich der spanische Töffpilot Joan Barreda zitieren, „kaum glaubst du, sie im Griff zu haben, hat sie dir bereits wieder Sand in die Augen gestreut.“

Besonders hart für Mann und Maschine: In vielen Canyons sind die Steine nur von einer Sand- oder Staubschicht bedeckt und für die Fahrer deshalb kaum zu sehen. Erschwerend hinzu kamen die Sonderprüfungen in den sauerstoffarmen Höhenlagen von 3500 bis 4000 Meter über Meer sowie die Überquerung des 4975 Meter hohe Jama-Passes auf dem Weg nach Argentinien.

«Die Dakar ist einfach zu lang, zu hart, zu heiss, zu kalt“, erklärt KTM-Werksfahrer Cyril Despres, „du musst in Peru und Chile den Weg im Gewirr der Dünen finden. Du musst gegen Steine und Kakteen auf dem Kurs rund um Córdoba ankämpfen. Du musst kämpfen, kämpfen, kämpfen. Es ist viel zu schwierig, um einfach zu gewinnen.“ Despres feierte nach der über 8000 Kilometer langen Tortour gleichwohl seinen fünften Gesamtsieg. Der 38-jährige Franzose profitierte dabei auch von der verletzungsbedingten Absenz von Mitfavorit und Teamkollege Marc Goma, der 2006, 2009 und 2011 triumphiert hatte.

Selbst die Resultate sind eigentümlich
Ich muss gestehen, ich weiss nicht genau Bescheid, wie es sich mit den Statistiken bei anderen Rallyes verhält, aber es scheint mir schon eine Eigenart der Paris-Dakar Rallye bzw. heute Dakar Rallye, das jeweils über gewisse Zeiträume stets die gleichen Fahrer dominieren. In den vergangenen 35 Jahren und den 34 absolvierten Rennen wurden gerade einmal 11 Sieger bei den Motorrädern auserkoren. Gaben sich zu Beginn der Rallye der Franzose Cyril Neveu – als erster Sieger bei den Motorrädern – und Edi Orioli den Pokal abwechselnd in die Hand, so konnte derselbe nicht nur von Cyril Neveu insgesamt fünfmal, sondern auch von Edi Orioli viermal, von Stéphane Peterhansel als Spitzenreiter sechsmal und vom diesjährigen Sieger Cyril Despres bereits fünfmal in die Höhe gestemmt werden. Einzigartige Fahrer oder Spitzenteam dahinter? Die Frage sollen wir hier und heute nicht beantworten. Doch was bedeutet das für die Zukunft der Rallye? Auf die Frage, ob Cyril Despres am Rennen 2014 wieder teilnehmen und ob er erneut den Titel anstreben wird, meinte er kürzlich: „Alle fragen mich im Moment, ob ich weitermachen werde und versuchen, den Rekord von Peterhansel einzustellen, meine Antwort lautet « Ja ». Aber ich will nicht weitermachen, weil es mir darum geht, Rekorde einzustellen, sondern ganz einfach, weil ich von diesem Rennen immer noch so fasziniert bin wie bei meiner ersten Teilnahme im Jahr 2000. Und solange das so ist, werde ich wiederkommen“. Die Faszination des grössten Rallye-Rennens der Welt ist nicht nur bei den Zuschauern erhalten geblieben, sondern auch bei den Fahrern, und das verspricht viel für die Zukunft.

Rangliste 2013
RANG
FAHRER
NATION
MASCHINE
1
Cypril Despres
FRA
KTM
2
Ruben Faria
POR
KTM
3
Francsisco Lopez
CHL
KTM
4
Ivan Jakes
SVK
KTM
5
Juan Pedrero
ESP
KTM
6
Olivier Pain
FRA
Yamaha
7
Helder Rodrigues
POR
Honda
8
Javier Pizzolito
ARG
Honda
9
Frans Verhoeven
NLD
Yamaha
10
Paulo Gonçalves
POR
Husquarna
11
Kuba Przygonski
POL
KTM
12
Daniel Gouët
CHL
Honda
13
Riaan Van Niekerk
RSA
KTM
14
Rodney Faggotter
AUS
Yamaha
15
Ben Grabham
AUS
KTM
16
Pal Ullevalseter
NOR
KTM
17
Joan Barreda Bort
ESP
Husqvarna
18
Michael Metge
FRA
Yamaha
19
Henk Knuiman
NLD
KTM
20
Felipe Prohens
CHL
Honda

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