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Honda VT 1300 CX: Easy Rider-Feelings

Mit der VT 1300 CX hat Honda ein kleines Kabinettstückchen vollbracht. Amerikanisches Easy Rider-Flair verpackt mit modernster Technik und edlem Design aus Japan passt hervorragend in die Landschaft der Schweiz. Will Honda jedoch die Chopperbiker nachhaltig für sich gewinnen, muss der japanische Hersteller noch einige Schippen drauflegen.

Text: Rolf Fleckenstein, Bilder: Bruno Fleckenstein

Was soll ein Biker tun, der sich für ein tolles Chopper-Motorrad interessiert? Wo wird er fündig? Viele denken dabei gleich an Harley- Davidson, doch nicht jeder hat Lust, an diesem amerikanischen Kult teilzunehmen. Die Japaner ihrerseits haben in den letzten Jahren bei den Choppern deutlich zugelegt. Bei Honda bin ich auf ein kleines Juwel gestossen, das ich euch heute vorstellen will.

Die Schweiz ist kein Land für Extremisten. Wer hier auffällt, wird allzu gerne misstrauisch oder gar argwöhnig beäugt. Wer es laut und schrillt mag, ist in den USA definitiv besser aufgehoben. Insofern bietet die VT 1300 CX von Honda Vorteile, denn ihr Look überzeugt jung und alt gleichermassen und ihr kräftiger, aber relativ moderater Sound sind besser geeignet, auf Schweizer Strassen Easy Rider-Gefühle auszuleben, ohne gleich von Aussenstehenden in die Schublade von Rockern gesteckt zu werden.

Design ist die halbe Miete
Honda hat es mit der „Fury“ gleich richtig gemacht und auf ein Top-Design gesetzt. Design ist im Verkauf heute bereits die halbe Miete. Was nutzt dem Kunden ein Bike, das technisch exzellent ist, aber beschissen aussieht. Und das Design der VT 1300 CX Fury gefällt wirklich. Ein mächtiger, imposanter V-Motor-„Mocken” mit viel Chrom, der bei Sonnenschein eindrucksvoll glitzert, steht für Kraft, das stylish zusammengeführte Doppelauspuffrohr steht für Eleganz und der Freiraum zwischen Motor und Tank machen das Bike optisch länger und unterstreichen den Easyrider-Look. Hier soll nicht jeder Zentimeter verbaut werden, es geht schliesslich nicht um minimalen Luftwiederstand und maximale Leistung wie bei einer Supersportster, sondern hier geht es um Lifestyle, Genuss und eine gewisse Lässigkeit als Lebensgefühl. Über dem Motor verläuft geradezu schwungvoll der tropfenförmige Tank, der talwärts in den Sattel fällt, der sich in einer S-Kurve über das Hinterrad schlängelt, was dem Äussern die gewisse Dynamik verleiht. Die lange verchromte Federgabel ist es schliesslich, die dem Bike endgültig den Easy-Rider-Look und auch das entsprechende Fahrgefühl bescheren. Doch auch hier ist die verlängerte Federgabel moderat ausgefallen und nicht extrem wie man sie von amerikanischen Custombikes her kennt. Man kann sie in der Schweiz also noch fahren. Vor allem in ihrem maritimen Blau gefällt die Honda optisch ganz besonders gut, hier zeigen die Japaner einen ausgezeichneten Geschmack, wenngleich das Motorrad auch in anderen Farben wie Schwarz, Violett oder Silber anzutreffen ist. Praktisch an jedem Detail wurde gefeilt, so hat beispielsweise auch die Schlussleuchte ihr ganzes eigenes Design erhalten, es gefällt oder gefällt nicht, aber ohne Zweifel ist es ein echtes Unikat. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man auf seiner Fahrt durchs Land immer wieder bewundernde Blicke von Passanten ernten darf, Menschen, die einem und der schönen Maschine nachschauen, Fans, die winken. Die Kurven der Fury gefallen allen Menschen und das wird dem Fahrer deutlich mitgeteilt. Mit der Fury geht es dem Biker ähnlich wie mit einer schönen Frau an seiner Seite, man ist einer immer gerne gesehener Gast. Customfreunde können natürlich noch einen drauflegen, dazu hat Honda bereits werkseitig zahlreiche Zubehörteile zur Verfügung gestellt. Der Auspuff „Cobra Speedster Swept“ gefällt hier ganz besonders, denn er beschert einen echten Heavy-Custom-Look und einen entsprechend rockigen Sound. Selbstverständlich steht es jedem Besitzer frei, sein Bike bei einer spezialisierten Customschmiede noch weiter zu individualisieren und damit die persönliche Note zu verleihen.

Angenehmes Handling, perfekte Motorentechnik
Die niedrige Sitzhöhe von rund 68 cm kommt besonders kleineren Fahrern sehr entgegen, die sitzen bei der Fury bequem im Sattel und haben im Stand beide Füsse fest am Boden. Dafür wird es mit der Armlänge beim Lenker auf der Aussenseite bei Lenkmanövern knapp, da haben grössere Fahrer dann keine Probleme. Der Sitzkomfort ist auch auf längeren Strecken sehr hoch und sichert anhaltenden Spass auf Touren. Motorenmässig aber auch in Punkto Handling ist die Fury keine Furie, viel eher lässt sie sich federleicht führen.

Den Startknopf gedrückt und der Motor startet mit einem kräftigen aber noch moderaten Brummen los. Daran sind natürlich auch die rund 1300 ccm Hubraum schuld, eine 1800er wäre deutlich lauter. Geradeaus ist die Paradedisziplin für den Vorzeigecruiser, das ist ein Genuss. Wie an einer Schnur gezogen beschleunigt die Fury geradewegs hoch ohne Probleme, mitunter in die rote Zone der zugelassenen Tempolimite auf der Autobahn, hier zeigt sich eine hochprofessionelle Motorentechnik, die keinen Muck macht, wenn bei ihr Leistung abgerufen wird. Erst ab 120 km/h kommen geringe Vibrationen auf, bei anderen Cruisern schüttelt es schon vorher deutlich kräftiger. Der Tacho endet bei 180 km/h, eine Speedmaschine ist die Fury also nicht, aber das will sie als Cruiserbike auch nicht sein. Autobahnfahren ist mit einem offenen Helm kein Vergnügen, aber man muss ihr zugestehen, sie bleibt auch bei höheren Tempi stabil und ruhig. Die Maschine fährt ruhig wie auf Schienen und die Federung schluckt Bodenunebenheiten und –schläge spielend weg. Ans Kurvenfahren muss man sich dagegen zuerst etwas gewöhnen, hier machen sich der längere Radstand (über 30 cm länger als im Durchschnitt) und der grössere Wendekreis (mit 4.1 m rund 25% grösser als im Durchschnitt) spürbar bemerkbar. Eine Easy Rider soll und kann nicht so wendig sein wie eine Enduro oder eine Sportster. Aber das stört nicht wirklich, sondern ist einfach Übungssache. Die Freude an der Fury machen diese Anfangsschwierigkeiten alle mal wett. Wer den Dreh einmal raus hat, wird das sanfte Wiegen um die Kurven geniessen, das ist echtes Cruisergefühl. In urbanen Gefilden können aber schon ab und zu entsprechende Mehrfacheinlenkungen nötig sein. Am schönsten ist es mit der Fury, auf Tour zu gehen und langgezogene Strecken zu erobern, dem See entlang zu cruisen und die Weiten damit zu entdecken. Der Genuss ist damit garantiert. Der kräftige Motor und der angenehme eindrucksvolle Sound bescheren dem Fahrer das Gefühl, der König der Strasse zu sein und viele Passanten sehen das ebenso. Wer aber einen Heavy-Rockersound erwartet und einen brachialen Antrieb, wird mit der Fury nicht glücklich. Hier geht alles sehr zivilisiert zu. Wer mehr will, muss das Bike tunen – dabei hilft Honda schon von Grund auf mit – oder sich bei einer spezialisierten Custombikeschmiede Rat und Tat holen.

Honda fischt im Harley-Gewässer
Mit der Honda VT 1300 CX Fury betritt Honda Neuland. Die japanische Marke hat schon seit Jahrzehnten Chopper im Sortiment, doch noch nie – soweit ich mich erinnern mag – Chopper, die ein Easy Rider Feeling verkörpern konnten. Easy Rider ist eine amerikanische Erfindung. Der Begriff geht zurück auf den Kultfilm „Easy Rider“ Ende der 60er Jahre mit Peter Fonda und Dennis Hooper in den Hauptrollen, die mir ihren umgebauten Harley-Davidson Choppern mit stark verlängerten Federgabeln unterwegs sind und mit ihrer Hippie-Kultur in schweren Konflikt mit dem bürgerlichen Amerika der 60er Jahre geraten. Easy Rider steht deshalb auch für Rebellion gegen die Bürgerlichkeit und grenzenlose Freiheit für die eigene Persönlichkeit. Dass dieses Thema von den Amerikanern sehr stark besetzt ist, wird niemanden wundern. Harley steht denn auch für die meisten Biker für Freiheit und eine entsprechende Palette von Choppern, die dieses Lebensgefühl vermitteln sollen. Insbesondere bei vielen markentreuen Bikern wird es Honda selbst mit der konzeptionell und optisch gelungenen Fury alles andere als leicht haben, diese für sich zu gewinnen. Ich denke, da muss Honda weiter nachlegen, will Honda echt Marktanteile in diesem Segment für sich gewinnen. Der erste Wurf ist gelungen, aber eine Palette ist es noch nicht und das fehlt. Honda fehlt es nicht an Design und Technik, aber es fehlt an Image, an Akzeptanz und Glaubwürdigkeit als gleichwertiger Chooperanbieter wie der amerikanische Brand, der heute in der Schweiz einen erstaunlichen Marktanteil hat und das alleine mit Choppern. Honda-Händler und Honda selbst dürfen da nicht enttäuscht sein, wenn die Verkäufe noch nicht da sind, wo sie sie gerne hätten, sondern müssen weiter machen und da schliesst sich gleich ein Wunsch an, den ich hätte. Die Fury in diesem oder ähnlichen Look aber mit 1800 ccm und deutlich kräftigerem Sound und mehr Schubkraft als Erweiterung der Chopperpalette bei Honda. Ein weiterer Vorteil, den eine grössere Chopper bieten würde, wäre auch der Umstand, dass das Bike tempomässig gegen oben nicht gleich an eine Limite stossen würde. Selbst Cruiserfahrer geben manchmal Gas, insbesondere, wenn sie auf Deutschen Autobahnen unterwegs sind. Wer eine Honda VT 1300 CX Fury sein eigen nennen darf, hat darüber hinaus den Vorteil, ein Bike zu besitzen, das nicht nur schön ist, sondern auch einen gewissen Seltenheitswert hat, Harleyfahrer können dies nicht mehr wirklich von sich behaupten, ausser sie haben sich eine Custommaschine ab Fr. 100‘000.00 geleistet. Honda hat mit der Fury einen tollen Job gemacht, jetzt muss sich der japanische Hersteller entscheiden, ob er noch mehr in diese Palette investieren will.

Customvarianten der Fury
Wer seine Fury neu gestylt haben möchte und mit einem rockigeren Sound versehen, kommt nicht darum herum, einen Honda-Händler oder eine spezielle Customschmiede aufzususchen. Honda hält für die Fury werksmässigen einen mehrseitigen Katalog mit einer ganzen Serie von Zubehörteilen parat, die das Bike zusätzlich individualisieren und „verschönern” – ist ja immer Geschmacksache. Gleich ob Griffe, Blinker oder verschiedene Auspuffmodelle, die zudem den Sound Richtung Rocker verändern, es hat für die meisten etwas dabei. Um diese Individualisierung zu zelebrieren, hat Honda von sich aus drei Top-Designer beauftragt, aus der Fury eine einzigartiges Custombike zu zaubern. Herausgekommen sind die komplett umgebauten Fury-Modelle „Furious” (Hellblau), „Slammer” (Schwarz) und „Switchblade” (Violett), die ihr hier abgebildet seht. Urteilt selbst. Eines ist sicher, die Verwandlungen sind extrem! Man muss es natürlich nicht so extrem halten. Bei verschiedenen Honda-Händlern finden sich moderatere Umbauten, fragt sie dazu am besten direkt an. Ich habe euch einige Händler herausgesucht, von denen ich weiss, dass sie solche Umbauten bereits erfolgreich durchgeführt haben. Wie auch immer ihr euch entscheidet, wenn ihr die Fury wählt, habt ihr garantiert Spass, ob moderat oder extrem, das entscheidet ihr.

TECHNISCHE DATEN
MOTOR
Typ
Flüssigkeitsgekühlter SOHC 52° V-Twin
Hubraum
1312 ccm
Kompression
9,2 : 1
Nennleistung
42.5 kW (57 PS)
Max. Drehmoment
107 Nm
KRAFTSTOFF
Gemischaufbereitung
PGM-FI Kraftstoffeinspritzung
Drosselklappen-Ø
38 mm
Luftfilter
Papier-Viskose-Filtereinsatz
Tankinhalt
12,8 Liter
Verbrauch
4,93 Liter/100 km
KRAFTÜBERTRAGUNG
Kupplung
Mehrscheibenkupplung im Ölbad
Getriebe
5-Gang
Endantrieb
Shaft (Kardan)
RAHMEN, FAHRWERK
Rahmen
Doppelschleifen-Stahlrahmen
Masse
2575 x 900 x 1150 mm (LxBxH)
Radstand
1805 mm
Wendekreis
4,1 m
Sitzhöhe
678 mm
Bodenfreiheit
126 mm
Gewicht
303 kg
Zuladung
160 kg
BREMSEN; REIFEN; FEDERUNG
Räder vorne
9-Speichen, Gussaluminium
Räder hinten
hinten: 7-Speichen, Gussaluminium
Reifen vorne
90/90-R21M/C
Reifen hinten
200/50-R18M/C
Bremsen vorne
336 mm Einzelscheibe mit Combined 3-Kolben-Zange und ABS
Bremsen hinten
296 mm Einzelscheibe mit Combined 2-Kolben-Zange und ABS
PREIS
Preis
CHF 19’140.00

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